Jasmina Mihajlovic
Die letzte liebe in Constantinopolis
Roman von Milorad Pavic
Der neue Roman von Milorad Paviæ "Die letzte Liebe in Constantinopolis", mit dem Untertitel "Handbuch für die Wahrsagung", ist aus 22 (0-21) Kapitel zusammengesetzt. Diese Kapitel tragen die Namen der Tarotkarten, des Tarots, genauer des grossen Arkanums (oder des Grossen Misteriums), das zur Prophezeiung des Schicksaals dient und das sich mit seiner tiefster Abstammung an die eleusinischen Mysteries in Griechenland bindet. Dieses Werk ist eine eigenartige in Romanform gesetzte Auslegung der Tarotkarten, ein ins Leben zurückgerufenes Tarot, wo jede Karte eine Sondererzählung geworden ist, weil jeder Abschnitt auf dem tiefsinnigen Niveau korrespondiert mit der Grundbedeutung und mit der Symbolik der einzelnen Karte.
Die Handlung des Romans ist am ende des XVIII und am Anfang des XIX Jahrhunderts untergebracht, also in der Zeit der Napoleonischen Feldzügen und des Rokokos, mit denen baucht das gesamte Buch aus, und die sich auf den breiten Räumen von dem Fluss Elbe bis Venedig, von Triest, Sirmischer Karlovci und Zemun bis Constantinopolis (Istambul) erreignet. Die Haupt- und Gegenüberstehenden Personen gehören den serbischen kaufmänischen und künstlerischen Familien Opujiæ und Tenezki.
Das ist vor allem und über alles ein Liebesroman, wo diese 22 Schlüssel stellen den weiblichen Schlüssel der Paviæ - Geschichte über die Idiorithmiker und allgeemeine Einwhonerschaft dar, die und aber nach männlichen Schlüssel aus dem Roman "Landschaft in Tee gemalt" bekannt ist. Nämlich,"Die letzte Liebe in Constantinopolis" ist ein Roman, der am Ende des XX Jahrhunderts, auf Paviæ - Ausdrucksweise spricht über die Position und das Schicksal der Frau in der männlichen Welt, über die Benehmensmodelle und Typen der Frauen im bezug auf die derartig aufgegebene männliche Welt der Sieger und der Besiegten, der Vereinsamten und der Bruderschaften und ihrer Möglichkeit um ausser und über diesen, von den Männern aufgedrängten Aufteilungen - etwas drittes zu sein. Etwas als dritte Schuh, wie man im Text sagt.
Derart dieses "Handbuch für die Wahrsagung" enthält die "Schlüssel des Grossen Geheimnisses für die Frauen beider Geschlecht".
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Tarot-Roman von Paviæ setzt auf eine spezifische Weise das Spiel des Romanchriftstellers mit dem Leser fort. Während die Romane "Das Chasarische Wörterbuch" und "Landschaft mit Tee gemalt" als Lexikonroman und Roman-Kreuzworträtzel, für die Vorlage das Modell gehabt haben, da aus der Tradition des geschiebenen kommt, "Die Innenseite des Windes", als Roman-Klepsidra und "Die letzte Liebe in Constantinopolis", als Tarot-Roman, haben für das Modell eine Objekt.
Im Falle diesen letzten Romans das Prinzip ist in dem Masse etwas geändert, weil von einem kultischem Gegenstand (Objekt) (von den Karten für die Wahrsagung) die Rede ist, und was noch bedeutsammer ist - Art der Objektverwendung reflektiert sich post factum auf Roman, nach dem Lesen des Buch und umgekehrt.
Das Buch als Anhang schliesst in sich 22 Karten "des Grossen Arkanums", die den Titel der Romanabschnitte entsprechen, damit die künstlerische Interpretation der Karten geht zum etwas, was man "Bysantinisches Tarot" nennen kann. Der Leser und die Leserin werden den Roman "Die letzte Liebe in Constantinopolis" diesmal durch den Paviæ's Roman von Anfang bis zum Ende Stufe je Stufe vorübergehen, aber nach dem Buchschliessen können sie die Karten die zu dem Buch gehören wegwefen und nachdem aus der gefallenen Anordnung, nachträglich sprunghaft eigenes Schicksaal aus der bestimmten Abschniten, die sich in Tarotkarten geöffnet haben, durchlesen, aber sie jetzt auf neue Weise lesend.
Demgemäss wieder bestehen zwei Niveaus des Lesens. Das erste ist, konnte man sagen klasische Lesart und das zweite Niveau der Lesart ist jenes nachträgliches, das Lesen des eigenen Schicksaals jeden einzelnen Lesers. Das Buch als Vorlage, als Handbuch für Wahrsagung in der zweiten Stufe des Lesens, geht in das Leben selbst hinein, mischt sich mit ihm und ermöglicht damit auch das Durchlesen des Textes im zweiten Schlüsel von jenem transparentem, das als Niveau des romanartigen Ereignung gegeben ist.
So meldet sich jetzt in schichtenförmigen Paviæ's- Prosa eine neue Schicht der Bedeutung - die jeder Leser einzeln liest im bezug auf eigenes Leben durch. Da meldet sich, also, das persönliche Niveau des Lesens, und das Buch selbst gewinnt eine neue Dimension - gewinnt die Bedeutung und den Zweck des verwendbaren Gegenstands.
"Die letzte Liebe in Constantinopolis" ist ein leicht gangbarer Roman und er wird wahrscheinlich die grosse Überraschung, sowohl für die Schriftstellerkritik, als auch für die Leser sein. Meiner Erachtens wird es das höchst geleste Paviæ's Buch sein. Das ist der erregbare, schnelle und gespannte Roman, der sich leicht liest. Er ist völlig in einer einheitlicher Energie, Frischheit, Freudigkeit und kräftiger lyrischer Ladung. Diese lyrische Ladung des Roman "Die letzte Liebe in Constantinopolis" ist Grundfarbe, Ton und Bindegewebe der gesamten Geschehnisse, der esoterichen Schichten, der Sehnsucht und der Geheimnisse der Helden, ihrer Ableben und der Auferstehung. Jeder Abschnitt trägt in sich mindestens zwei Wendungen, entweder aktionsartige und sinnliche oder stilistische von denen der Atem angehalten wird. Das ist ein Buch in das man verliebt lassen kann und das man bald auch ein anderes mal lesen kann, eben wegen dieser Verliebheit, wegen des Geniessens, wegen des Wünschess mit den Helden noch einmal zu sein, auf Ewig und ein Tag mehr . Und das ist doch ein Buch, das man aus allen gerade angeführten als ein gewisser Profaner Reliquiar, als das literarische Talisman mit sich tragen kann.