Die Sorben/Wenden in Deutschland
von Dr. Hilza Elina, Haus für sorbische Volkskultur Bautzen
Einband des Büchleins
, heutiges Sorbisches Sprachgebiet
ÜBERSICHT ZUR GESCHICHTE DER SORBEN
600 Slawische Stämme besiedeln das Gebiet zwischen Elbe/Saale
und Oder/Queiß
631 Erste urkundliche Erwähnung der Sorben in der Chronik des Fredegar
990 Mit den Milzenern in der Oberlausitz verliert der letzte sorbische Stamm seine
politische Unahhängigkeit.
Militärische Eroberungspolitik durch den deutschen Staat ging mit der Christianisierung der
slawischen Gebiete einher
1000 - 1100 Innerer Landesausbau durch sorbische Bauern
1104 Beginn der fränkischen Ansiedlung durch Wiprecht von Groitzsch
1150 -1300 Einwanderung fränkischer, flämischer, thüringischer und
sächsischer Bauern
1264 Gründung des Klosters Marienstern in der Oberlausitz.
Sorbische Bevölkerung bildet zu Beginn des 13.Jahrhunderts über 90% der
Bewohner zwischen Saale und Bober/Queis
- Herrschende Schicht (Markgrafen, Bischöfe, Äbte, Ritter und
Vasallen) rekrutiert sich ausschließlich aus deutschen Eroberern
- Erobertes sorbisches Gebiet wird in Markgrafschaften eingeteilt
1293 /1327 Verbot der sorbischen Sprache in Bernburg/S., Altenburg.
Zwickau und Leipzig
um 1500 Sorbischer Bürgereid aus Bautzen/Budysin, das älteste
bekannte sorbische Schriftdenkmal
1543 Übersetzung der "Wendischcn Taufagende", ältestes
Zeugnis sorbischer Kirchenliteratur
1548 Erste Übersetzung des Neuen Testamentes in die sorbische
Sprache durch Miklaws Jakubica
1574 Erstes gedrucktes sorbisches Buch - ein Gesangbuch mit Katechismuis
von Albin Moller in niedersorbischer Sprache
1597 Erstes gedrucktes Buch in obersorbischer Sprache
1618 - 1648 Verlust von nahezu der Hälfte der sorbischen Bevölkerung
im Dreißigjährigen Krieg; Schrumpfung des sorbischen Sprachgebietes
1706 / 1709 Übersetzung des Neuen Testamentes durch Michal
Frencel ins Obersorbische und durch Bogumil Fabricius ins Niedersorbische;
Entstehung der sorbischen Schriftsprache
1716 Gründung der Wendischen Predigergesellschaft "Sorabia".
heute Deutschlands älteste noch bestehende Studentenvereinigung
nach 1750 Anfänge eines bürgerlichen sorbischen nationalen
Bewußtseins unter vielfältiger Unterstützung durch die
slawischen Nachbarn; deutsche und sorbischeAufklärer beschäftigen
sich wissenschaftlich mit der sorbischen Sprache und Kultur
1767 Mit der Übersetzung des Kloppstockschen "Messias"
ins Sorbische durch Jurij Mjen wird die weltliche sorbische Kunstdichtung
begründet
1790 Herausgabe der Zeitung "Mesacne pismo k rozwucenju a k
wokrewjenju" Monatszeitschrift zur Belehrung und Erbauung durch zwei
sorbische Studenten; (nach der ersten Nurnmer verboten)
1790 -1794 Bauernunruhen in der Lausitz unter dem Einfluß
der Französischen Revolution
1809 -1812 Herausgabe der Zeitung "Serbski powedar a kurer"
(Sorbischer Erzähler und Kurier) in Bautzen/Budysin durch den Zimmermann
Jan Bohuchwal Dejka
1815 Territoriale Neugliederung des sorbischen Siedlungsgebietes
durch den WienerKongreß; administrative Teilung drängt die sorbische
Bevölkerung in fast allen Kreiscn in die Minderheit
1818 In Preußen wird zum weiteren Einschränken der sorbischen
Sprache eine Verordnung erlassen
1841 / 1843 Jan Amost Smoler und Leopold Haupt geben die zweibändigen
Volkslieder der Wenden in der Ober- und Niederlausitz" heraus, weitereVolksliedsammlungen
folgen
1842 Handrij Zejler und Jan Arnost Smoler gründen die Zeitung
"Tydzenska Nowina"; Vorläuferin der heute erscheinenden
"Serbske Nowiny"
1845 Erstes sorbisches Gesangsfest in der Lausitz unter Leitung
von Korla August Kocor - Entwick´lung der sorbischen bürgerlichen
Musikkultur
1847 Wissenschaftliche Gesellschaft "Macica Serbska" wird
gegründet
1848 "Bramborski serbski Casnik" erscheint als erste Zeitung
in niedersorbischer Sprache, Vorläufer des heutigen "Nowy Casnik"
1848 /1849 Sorbische Bauernvereine in der Oberlausitz entstehen;
unter anderem fordern sie soziale und nationale Rechte ein ("Sorbische
Bauernpetition"); Intelligenz fordert die Gleichberechtigung der sorbischen
Sprache und Kultur in Schule, Kirche und vor Gericht ("Große
Petition der Sorben" unterzeichnet von 5000 Haushaltsvorständen)
1851 Schulpolitische Zugeständnisse durch die sächsische
Regierung
1854 Erste große Auswanderungswelle von
Sorben nach Texas
und Australien, dort werden sorbische Siedlungen gegründet
1862 Erste sorbische Theateraufführung in Bautzen
1875 Generelles Verbot der sorbischen Sprache in den Schulen der
preußischen Oberlausitz
um 1875 - nationale Unterdrückung der Sorben im Deutschen Reich
wird forciert, als Gegenreaktion entfalten sich stärker sorbische
Kulturbestrebungen, die "Jungsorbische Bewegung" unter Führung
von Arnost Muka und Jakub Bart-Cisinki formiert sich
1877 Höhepunkt der klassischen sorbischen Dichtung im 19. Jahrhundert
ist das Nationalepos "Nawozenja" ("Der Bräutigam")
von Jakub Bart-Cisinski
1904 Wendisches Haus in Bautzen wird eröffnet
1912 - 31 sorbische Vereine beteiligen sich in HoyerswerdalWojerecy
an der Gründungsversammlung der "Domowina" als Dachverband
sorbischer Vereine
1919 - 1932 Die Verfassung von Weimar ermöglicht einerseits
ein regeres kulturelles und politisches Leben, andererseits wird die sorbische
Volksbewegung durch die "Wendenabteilung" überwacht
nach 1933 Nalionalsozialistische Diktatur/Versuche zur physischen
und psychischen Ausrottung des sorbischen Volkes; Ausweisung sorbischer
Lehrer und Pfarrer aus der Lausitz; sorbische Antifaschisten, u. a. Alojs
Andricki (1943) und Marja Grolmusec (1944), werden ermordet
1937 Verbot der Domowina (nachdem diese die nazistische Gleichschaltung
ablehnte) und jeglichen öffentlichen sorbischen Lebens;
1937 Konfiszierung des Wendischen Hauses durch die Faschisten,
1944 durch die SS niedergebrannt
1939 Mit dem Verbot des "Katolski Posol" wird die letzte
sorbischsprachige Publikation liquidiert
1941 Verbot der letzten sorbischen Gottesdienste durch das Brandenburger
Konsistorium
1945, 10.Mai Neugründung der Domowina als erste demokratische
Organisation in Deutschland nach dem Kneg
1947 Herausgabe der obersorbischen Tageszeitung "Nowa doba",
heute "Serbske nowiny"
1947 Gründung der sorbischen Oberschule (später sorbische
erweiterte Oberschule Kleinwelka, heute Sorbisches Gymnasium Bautzen)
1948 Sächsischer Landtag beschließt "Gesetz zur
Wahrung der Rechte der sorbischen Bevölkerung
1949 Späte Zulassung der Domowina in der Niederlausitz (Brandenburg)
bis 1958 - Zahlreiche sorbische staatliche Institutionen zur
Förderung des national-kulturellen Lebens werden gegründet:
- Sorbisches Institut für Lehrerbildung 1946
- Institut für sorbische Volksforschung (Akademie der Wissenschaften
der DDR) 1951
- Institut für Sorabistik an der Universität in Leipzig 1952
- Sorbisches Volkskunstensemble 1952
- Sorbische Oberschule 1952 in Cottbus/Chosebuz (heute Niedersorbisches
Gymnasium)
- Rundfunk der DDR/Sorbische Redaktion 1953
- Haus iür sorbische Volkskunst 1956
- Sorbisches Museum 1957 (entstand aus dem 1904 errichteten und 1941
von den Faschisten konfiszierten "Wendischen Museum")
- Domowina-Verlag 1958
1956 - Einweihung des seit 1947 neu erbauten Hauses der Sorben
1956 - Sorbische Intelektuelle und Bauern protestieren gegen die
zunehmende Industrialisierung der Lausitz und für den Erhalt des landschaftlich
und kulturell einmaligen Siedlungsraumes der Sorben, extensiver Baunkohlenabbau
zerstört sorbische Dörfer und ihr Umfeld
1964 - Neuregelung des sorbischen Schulunterrichtes führt zum
drastischen Rückgang der Teilnehmer am sorbischen Sprachunterricht
1966 - 1989 - Sieben Festivals sorbischer Kultur· waren einerseits
Faktor zur Entwicklung der sorbischen professionellen und Volkskultur,
andererseits nutzte die SED diese Festivals zur Demonstration ihrer "erfolgreichen
Nationalitätenpolitik" und dem Bekenntnis der Sorben zur DDR,
sie versuchte damit über den Rückgang des Sorbentums hinwegzutäuschen
1989, 11. November, die in Opposition zur "sozialistischen"
Domowina stehende "Sorbische Volksversammlung" ruft
zum nationalen Dialog auf und fordert von der Domowina eine grundsätzliche
Wende Sorbischer Runder Tisch erarbeitet Positionen der Interessenvertreter
der Sorben und bereitet den Erneuerungsprozeß der Domowina vor
1990 - 17. März, außerordentlicher Bundeskongreß
der Domowina, Delegierte wählen eine neue Führung der Organisation
und bekennen sich in einer Resolution zur Herstellung der deutschen Einheit
- Protokollnotiz zum Einigungsvertrag schreibt Schutz und Förderung
der sorbischen Sprache und Kultur fest
1990 - Das Wendische Haus in Cottbus/Chosebuz wird eröffnet
1991 - Neukonstituierung der Domowina als Dachverband sorbischer
Vereine - Gründung der Stiftung für das sorbische Volk zur Unterstützung
der nationalen und kulturellen Entwicklung der Sorben
1992 - 19. April - erste sorbische Fernsehsendung beim ORB, als
monatliches Halbstundenmagazin in niedersorbischer Sprache konzipiert
SORBISCHE VOLKSKULTUR HEUTE
Die sorbische Volkskultur heute basiert auf der traditionellen sorbischen
Volkskultur der Ober- und Niederlausitz. Sorbische Volkskunst wird in den
Genres Musik, Tanz, künstlerisches Wort und im Bereich des bildnerischen
Schaffens von Sorben und Deutschen besonders gepflegt und hat sich durch
enges Zusammenwirken von sorbischen und deutschen Laienkünstlern weiterentwickelt.
Es bestehen:
- Chöre bzw. Gesangsvereine,
- Trachtenvereine,
- Tanzgruppen,
- Ensembles (Gesangs, Tanz- und Instrumentalgruppen),
- Laientheater
- Zirkel schreibender Amateure,
- Textil-, Mal-, Keramikzirkel.
Wettbewerbe und Werkstätten, kontinuierliche Aufträge des
seit 1956 bestehenden Hauses für sorbische Volkskultur und eine betreuende
Unterstützung durch dasSorbische Nationalensemble waren und sind eine
fortwährende Forderung und Förderung der sorbischen Volkskunst.
Zeugnisse dafür sind hervorragende Ergebnisse, z.B. der traditionell
vom Haus für sorbische Volkskultur jährlich ausgeschriebene Wettbewerb
um das schönste sorbische Osterei oder die vielfältigen Werkstattergebnisse
von Einzelschaffenden im Bereich des bildnerischen Volkskunstschaffens,
die sich durchaus mit denen der Berufskunst messen lassen kann. Bedeutsam
für das Bewahren sorbischer Volkskultur für nachfolgende Generationen
sind die traditionell vom Haus für sorbische Volkskultur organisierten,
im Wechsel jährlich stattfindenden Tage des sorbischen Kindertheaters
und junger Rezitatoren sowie die Tage des sorbischen Kinderliedes und sorbischer
Musik.Tanzestraden, Laientheaterinszenierungen, Chorkonzerte, Ausstellungen
des sorbischen bildnerischen Volkskunstschaffens, zur sorbischen Geschichte
und Kultur sowie die Darstellung von Sitten, Bräuchen und Traditionen
sorbischer Folkloreregionen durch dörfliche Kollektive bieten den
Gruppen und Einzelschaffenden Höhepunkte zur Darstellung ihres künstlerischen
Volksschaffens.
SORBISCHE VEREINE UND INSTITUTIONEN HEUTE (Auswahl)
Cyrill-Methodius-Verein e.V. ist die Vereinigung sorbischer Katholiken
Sitz: Bautzen/Budysin
Domowina Bund Lausitzer Sorben e.V.
Die Domowina ist ein politisch unabhängiger und selbständiger
Dnchverband der Sorben und der sorhischen Vereine:
Sitz: Bautzen/Budysin
Mitglied sind:
Regionalverband Niederlausitz in Cottbus/Chosebuz
Kreisvereinigung Weißwasser/Niesky. Bela Woda/Niska
Kreisvereinigung "Michal Hornik" Kamenz/Kamjenc
Kreisvereinigung "Handrij Zejler" Hoyerswerda/Wojerecy
Kreisvereinigung "Jan Arnost Smoler" Bautzen/Budysin
Vereinigung Cyrill und Methodius
Sorbischer Schulverein
Bund sorbischer Studierender
Sorbischer Künstlerbund
Verband sorbischer Gesangsvereine
Macica Serbska
Förderkreis für sorbische Volkskultur e.V.
trägt gemeinnützigen Charakter und dient ausschließlich
dem Erhalt und der
Pflege traditioneller und gegenwärtiger sorbischer Volkskultur.
Sitz: BautzenlBudysin
Macica Serbska
Wissenschaftliche Gesellschaft e. V.- 1847 gegründet
Sitz: Bautzen/Budysin
Sorbisches Institut e.V. Bautzen/Budysin
(aus dem Institut für surbische Volksforschung hervorgegangen)
Spezielle Forschungsbereiche
* die Kultur- und Sozialgeschichte
* Entwicklung und Verbreitung der sorbischen Sprache und ihrer Dialekte
* Kultur und Lebensweise des sorbischen Volkes in Vergangenheit und Gegenwart
* die Situation europäischer Minderheiten in vergleichender Sicht
Dem Institut sind zugeordnet
* die Sorbische Zentralbibliothek rnit über 70.000 Bänden
* dasSorbische Kulturarchiv
Sorbischer Schulverein e.V.
Sitz: Haus der Sorben in Bautzen/Budysin
Sorbischer Künstlerbund e.V.
arbeitet in vier Arbeitskreisen, die den bisherigen Arbeitskreisen
sorbischer Künstler entsprechen
(AK sorbischer bildender Künstler, AK sorbischer Schriftsteller, AK
sorbischer Musikschaffender, AK sorbischer Filmschaffender)
Sitz: Haus der Sorben in Bautzen/Budysin
Stiftung für das sorbische Volk
gemeinnützige, unselbständige Stiftung des öffentlichen
Rechtes im Freistaat Sachsen
Sitz: Haus der Sorben in Bautzen/Budysin
Verband sorbischer Gesangsvereine e.V.
Sitz: Bautzen
Institut für Sorabistik der Universität Leipzig
Niedersorbische Sprachschule
Sitz: Niedersorbisches Gymnasium in Cottbus/Chosebuz
Niedersorbisches Gymnasium in Cottbus/Chosebuz
Sorbisches Gymnasium Bautzen/Budysin
Sorbische Fachschule für Sozialpädagogik Bautzen/Budysin
Sorbische Sprachschule "Dr. J. Cyz" Milkel/Minakal
Sorbisches National-Ensemble in Bautzen/Budysin
Sorabia-Film-Studio
Sitz: Haus der Sorben in Bautzen/Budysin
Haus für sorbische Volkskultur
arbeitet in den Sektoren Musik, Tanz, künstlerisches Wort, bildnerisches
Schaffen sowie im Sorbischen Folklorezentrum.
Sitz: Bautze/Budysin und Außenstellen in Weißwasser/Bela Woda
und Cottbus/Chosebuz
Mitteldeutscher Rundfunk/Sorbisches Studio BautzenlBudysin
Ostdeutscher Rundfunk/Niedersorbische Redaktion Cottbus/Chosebuz
Deutsch-Sorbisches Volkstheater BautzenlBudysin
Domowina-Verlag GmbH Bautzen/Budysin
SERVIsound - sorbischer Musikverlag Fredersdorf bei Berlin
ENA - Musikverlag Litschen/Zlycin
ZUR REGION DER KATHOLISCHEN SORBEN
Zurn Gebiet der katholischen Sorben gehören 85 Orte dcr
Kreise Bautzen, Kamenz und Hoyerswerdä. Die Herrschaftsbereiche des
Klosters Marienstern bei Kamenz und des Domstiftes St. Petri in Bautzen
waren und sind die Grundfesten für das Fortbestehen des Katholizismus
in der Region über die Reformationszeit hinaus. Weit über die
Hälfte der heutigen Bevölkerung der Region sind Sorben. Lebensgrundlage
war im wesentlichen die Landwirtschaft, zum Teil die Teichwirtschaft. In
der kleinen Ackerbürgerstadt Wittichenau begann sich neben dem Handwerk
das Manfakturwesen stärker zu entwickeln. Heute lebt die Bevölkerung
von der Landwirtschaft, von der umliegenden Industrie sowie vom Dienstleistungsbereich.
Ethnische Besonderheiten sind:
-obersorbische Sprachregion mit sorbischen Schulen,
- eigenständige Trachtenregion (funktionell differenziert), heute
noch z.T. auch von Kindern und Jugendlichen getragen, besondere Anlässe
dafür sind neben der Pflege von Bräuchen vor allem auch kirchliche
Feste wie Erstkommunion, Firmung, Fronleichnam und Wallfahrten; als einzige
sorbische Trachtenregion der Lausitz finden hier bis in die heutige Zeit
noch Hochzeiten in Tracht mit dazugehörenden Sitten und Bräuchen
statt, neben Perlennetzarbeiten für Festtrachten ist für die
Tracht der katholischen Sorben die Plattstichstickerei typisch,
-Bräuche im Jahresablauf (heute noch gepflegt): Vogelhochzeit (25.
Januar),
Osterreiten am Ostersonntag,
Hexenbrennen (30.April),
Maibaumstellen / -werfen,
Martins- bzw. Nikolaussingen,
Kirmesfeier oder
Umgehen der "Borborka" (Sollschwitz/Sulsecy bei Wittichenau/Kulow)
und des "Miklaws" zur Weihnachtszeit.
DIE SORBEN IN DER REGION SCHLEIFE/SLEPO
Zur Region Schleife gehören 7 Ortschaften, von denen noch
etwa ein Drittel der Bewohner Sorben sind. Ehemals zur Standesherrschaft
Muskau/Muzakow gehörend, nähert sich das nordwestlich von Weißwasser/Bela
Woda liegende Schleifer Gebiet in Sprache, Sitte und Brauch, ja im gesamten
Charakter der Volkskultur stärker der Niederlausitz. Lebensgrundlage
war traditionell die Wald- und Feldarbeit, heute sind es der Braunkohlenbergbau,
der in den letzten Jahrzehnten den Lebensraum der Schleifer Folkloreregion
wesentlich eingcschränkt hat, und Überreste von Glasindustrie.
Ethnische Besonderheiten sind.
- spezielle Volksarchitektur (Blockbauweise, Klinkerbau),
- eigenständiger Schleifer Sprachdialekt,
- eigenständige Trachtenregion (funktionell und dörflich differenziert
in vielfältigen Varianten, von älteren Frauen heute noch z. T.
getragen); Stickereien der Schleifer Tracht bewahrten weitgehend den Charakter
traditioneller Volkskunst, sie finden sich hauptsächlich als Hohlsaum,
weiße Lochstickerei und schwarze Kreuzstichstickerei an Hals- und
Kopftüchern sowie an Kinnschleifen,
- bewahrtes Volksmusikantentum mit sorbischem Dudelsack, kleiner und großer
sorbischer Geige (z.B. im Sorbischen Folkloreensernble Schleife),
- Bräuche im Jahresablauf (teilweise noch gepflegt) sind:
Zampern,
Ostersingen, Verzieren von Ostereiern in Familientradition,
Maibaumstellen,
Hahnschlagen, Hahnrupfen,
Spinte (die Spinnstube war eine wichtige Singschule des sorbischen Volkes)
oder
Umgehen des "dzecetko" in der Adventszeit (Bescherkind; dörflich
unterschiedlich).
DIE SORBEN IN DER REGION HOYERSWERDA/WOJERECY
Zur Hoyerswerdaer Landschaft gehören heute 48 Ortschaften,
von denen noch etwa ein Viertel der Bewohner Sorben sind. Noch 1880 lebte
in dieser
Region fast ausschließlich sorbische dörfliche Bevölkerung.
Durch den Wiener Kongreß vom Königreich Sachsen an Preußen
verloren, gehört die Hoyerswerdaer Region heute zum nordöstlichen
Teil des Freistaates Sachsen. Sie prägt mit ihren Besonderheiten die
sorbische mittlere Lausitz.
Lebensgrundlage war in diesem Gebiet früher die Landwirtschaft und
das dörfliche Handwerk. Heute prägt das Leben der Region um Hoyerswerda
vorrangig die Braunkohlenförderung .
Ethnische Besonderheiten sind:
-Übergangssprachdialekt zwischen der Ober- und Niederlausitz,
-eigenständige Trachtenregion (funktionell und dörflich differenziert,
z.T. heute noch durch alte Frauen getragen)
Stickereien der Hoyerswerdaer Tracht, als Tracht der sorbischen bäuerlichen
Bevölkerung sind hauptsächlich die Kreuzstichstickerei, die Lochstickerei,
die Tüllstickerei und die Plattstichstickerei,
-dörfliche Traditionen werden seit Jahrzehnten durch verschiedenste
Generationen z.B. in Bröthen-Michalken/Bretnja-Michalki gepflegt,
-Bräuche im Jahresablauf (teilweise noch heute gepflegt) sind:
Fastnacht (Winteraustreiben),
Karfreitag- und Ostersingen, Verzieren von Ostereiern,
Maibaumstellen und -werfen,
Erntebräuche wie Stollen- und Stoppelreiten oder Kartoffelball,
Spinte/Spinteball,
Umgehen des "dzecatko" (Bescherkind) zur Weihnachtszeit oder
das Weihnachtssingen.
DIE SORBEN IN DER NIEDERLAUSITZ/DOLNA LUZYCA
Zur niedersorbischen Region gehören mehr als 60 Ortschaften,
von denen heute der geringere Teil der Sorben/Wenden die sorbische Sprache
beherrschen. Zum Siedlungsgebiet der Niedersorben gehören die Kreise
Cottbus/Chosebuz, Spremberg/Grodk, Calau/Kalawa, Lübben/Lubin, Guben/Gubin
und Forst/Barsc, in denen die sorbische Sprache gegenwärtig stark
im Verschwinden begriffen ist. Die Lebensgrundlage für die niedersorbische
Bevölkerung bildeten hauptsächlich die Landwirtschaft und die
Fischzucht. Im Spreewald, einem Teil der Niederlausitz, ist bis in die
heutigen Tage der Tourismus eine Erwerbsquelle. Die Braunkohlenindustrie
ist seit Jahrzehnten maßgeblich an der Zerstörung des Lebensraumes
der Sorben in der Niederlausitz beteiligt.
Ethnische Besonderheiten sind:
- niedersorbische Sprachregion (fast ausschließlich nur noch
von der älteren Generation gesprochen),
ein niedersorbisches Gymnasium und eine niedersorbische Sprachschule dienen
der sprachlichen Förderung
- eigenständige Trachtenregion(die Tracht wird von der älteren
Generation z. T. noch getragen, von der jungen Generation zur Pflege von
Bräuchen angelegt);
Trachtenteile sind volkskünstlerisch verziert durch die Plattstichstickerei,
bestickt werden hauptsächlich Rockbänder. Schürzen, Halstücher
und Teile der großen Kopftücher; daneben findet sich auch die
Weißstickerei in reizvollen Motiven; charakteristisch für die
Tracht der Niedersorben ist die "lapa" (Kopfhaube oder gestecktes
Kopftuch), die örtlich in Größe und Form differenziert
vorzufinden ist,
-Bräuche im Jahresahlauf (teilweise noch heute gepflegt) sind:
Zapust,
Osterfeuer,
Erntebräuche wie Hahnschlagen, Hahnrupfen, Stollen-, Stoppelreiten,
Johannesreiten in Cahsel/Kozle und Froschkarren oder
zur Weihnachtszeit besucht in Jänschwalde/Jansojce bei Cottbus der
"Jansojski bog " die Kinder.
AUSZUG AUS DER VERFASSUNG DES FREISTAATES SACHSEN DAS
SORBISCHE VOLK BETREFFEND
Artikel 2
(1) Die Hauptstadt des Freistaates ist Dresden.
(2) Die Landesfarben sind Weiß und Grün.
(3) Das Landeswappen zeigt im neunmal von Schwarz auf Gold geteilten Feld
einen schrägrechten grünen Rautenkranz. Das Nähere bestimmt
ein Gesetz.
(4) Im Siedlungsgebiet der Sorben können neben den Landesfarben und
dem Landeswappen Farben und Wappen der Sorben, im schlesischcn Teil des
Landes die Farben und das Wappen Niedersclesiens, gleichberechtigt geführt
werden.
Artikel 5
(1) Dem Volk des Freistaates Sachsen gehören Bürger deutscher,
sorbischer und anderer Volkszugehörigkeit an. Das Land erkennt das
Recht auf die Heimat an.
(2) Das Land gewährleistet und schützt das Recht nationaler und
ethnischer Minderheiten deutscher Staatsangehörigkeit auf Bewahrung
ihrer Identität sowie auf Pflege ihrer Sprache, Religion, Kultur und
Überlieferung.
(3) Das Land achtet die Interessen ausländischer Minderheiten, die
sich rechtmäßig im Land aufhalten.
Artikel 6
(1) Die im Land lebenden Bürger sorbischer Volkszugehörigkeit
sind gleichberechtigter Teil des Staatsvolkes. Das Land gewährleistet
und schützt das Recht auf Bewahrung ihrer Identität sowie auf
Pflege und Entwicklung ihrer angestammten Sprache, Kultur und Überlieferung,
insbesondere durch Schulen, vorschulische und kulturelle Einrichtungen.
(2) In der Landes- und Kommunalplanung sind die Lebensbedürfnisse
des sorbischen Volkes zu berücksichtigen. Der deutsch-sorbische Charakter
des
Siedlungsgebietes der sorbischen Volksgruppe ist zu erhalten.
(3) Die landesübergreifende Zusammenarbeit der Sorben, insbesondere
in der Ober- und Niederlausitz, liegt im Interesse des Landes.
AUSZUG AUS DER VERFASSUNG DES LANDES BRANDENRURG
4. Abschnitt Rechte der Sorben (Wenden)
Artikel 25 (Rechte der Sorben/Wenden)
(1) Das Recht des sorbischen Volkes auf Schutz, Erhaltung und Pflege seiner
nationalen Identität und seines angestammten Siedlungsgebietes wird
gewährleistet. Das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände fördern
die Verwirklichung dieses Rechtes, insbesondere die kulturelle Eigenständigkeit
und die wirksame politische Mitgestaltung des sorbischen Volkes.
(2) Das Land wirkt auf die Sicherung einer Landesgrenzen übergreifenden
kulturellen Autonomie der Sorben hin.
(3) Die Sorben haben das Recht auf Bewahrung und Förderung der sorbischen
Sprache und Kultur im öffentlichen Leben und ihre Vermittlung in Schulen
und Kindertagesstätten.
(4) Im Siedlungsgebiet der Sorben ist die sorbische Sprache in die öffenlliche
Beschriftung einzubeziehen. Die sorbische Fahne hat die Farben Blau-Rot-
Weiß.
(5) Die Ausgestaltung der Rechte der Sorben regelt ein Gesetz. Dies hat
sicherzustellen, daß in Angelegenheiten der Sorben, insbesondere
bei der Gesetzgebung, sorbische Vertreter mitwirken.
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